Gedankliche Fesseln

Mehrfach haben wir davon gehört und den Namen kennen wir mitunter auch: der sogenannte Bestätigungsfehler.

Wir neigen dazu, Informationen, die unsere bestehenden Überzeugungen bestätigen, attraktiver zu finden und stärker zu gewichten als solche, die ihnen widersprechen. Dieser Bestätigungsfehler programmiert unser Gehirn und lässt uns Chancen nicht erkennen.

Kodak hat – obwohl dort die Digitalfotografie erfunden wurde – die Chancen nicht genutzt. Das altehrwürdige Unternehmen ging schließlich in Konkurs, weil alle neuen Ideen immer aus der Perspektive von Chemikern beurteilt wurden, die in der Kategorie Oberflächenbeschichtung beurteilt haben. 

Nokia hat 2007 den Markt für Mobiltelefone dominiert und zum damaligen Zeitpunkt die enorme Zahl von über 1 Milliarden Kunden gehabt. Bei Nokia beurteilte man alles durch die gedankliche Brille eines Telefonbauers. Kein Wunder, dass der damalige Nokia-Chef mit der nunmehr legendären Aussage in Erinnerung bleibt, Apple könne keine Telefone bauen.

Kein neuer Effekt, denn bereits im 19 Jahrhundert ereilte er einen gewissen Herrn Frederic Tudor. Dieser verdiente seine Millionen damit, dass er im Winter Eis aus den zugefrorenen nordamerikanischen Seen sägen ließ und dieses dann in alle Welt – bis nach Indien – exportierte. Ende des Geschäftsmodells? Die Erfindung des Tiefkühlschranks. Eis war in den Augen Tudors ein Naturprodukt, welches aus den Seen gesägt werden musste. Künstliche Herstellung? Niemals! Ein Widerspruch gegen seine bestehenden Überzeugungen und seine Erfahrungen.

Jede Studie, die das bestehende Geschäftsmodell zu bestätigen scheint, wird im Unternehmen sofort aufgenommen und entsprechend verteilt. Alle Studien, die dem Geschäftsmodell widersprechen, werden gründlichst auf ihre Validität überprüft und geradezu zerrissen.

Wie soll angesichts dieser Effekte die Einsicht entstehen, dass sich ein Unternehmen wandeln muss – angesichts der VUCA-Welt und sich immer weiter beschleunigender Innovationszyklen? Dass man neuen Technologien gegenüber offen sein sollte?

Die sogenannte unternehmensinterne Faktenlage führt zu einer gedanklichen Schieflage zugunsten bestehender Geschäftsmodelle, Strukturen, Prozesse, Abläufe und auch Produkte sowie Technologien. All das verhindert Veränderungsbereitschaft und mindert das Innovationsvermögen. Am Ende gefährdet es die Zukunftsfähigkeit.

Es ist die vordringliche Aufgabe von Vorständen und Geschäftsführern, dem Unternehmen eine Vision zu geben, diese in ein funktionierendes Geschäftsmodell zu überführen und vor allem alles in Frage zu stellen und den Bestätigungsfehler zu eliminieren.

UBERyourself, before you get KODAKed!

Guten Start in die neue Woche

Frank Weber (weber.advisory)

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